Deutsches Puzzle-Teil kommt bald als Emoji auf die Handys

By on 28. Dezember 2017

Zürich – Für einen, der täglich bei Milliarden Kurznachrichten auf Twitter, Facebook, WhatsApp und Co sozusagen virtuell die Finger mit im Spiel hat, ist Mark Davis ziemlich unbekannt. Der Software-Ingenieur ist so etwas wie der Herr der Smileys und Emojis.

Er entscheidet – mit einem Team – mit welchen neuen Gesichtsausdrücken, Figuren und Gegenständen Menschen weltweit demnächst ihre Texte auf Handy und Computer bildlich anreichern können. Im März soll die Liste mit den Neuen fertig sein.

Die ersten Emojis entstanden etwa 1999 in Japan und wurden sofort zum Hit in der digitalen Kommunikation. Das japanische «Emoji» bedeutet etwa: Bild und Zeichen. Als Google 2006 seinen E-Mail-Dienst GMail in Japan anbieten wollte, war klar: Ohne Emojis geht es nicht, und um sie darstellen zu können, waren Standards nötig. «Wir dachten erst, es sei eine Modeerscheinung», sagt Davis. Dann begann der Siegeszug von Smartphones und sozialen Medien mit ihrem Druck, sich kurz zu halten.

Davis, ein Amerikaner mit weißem Bart, der Schweizerdeutsch versteht und spricht, zeigt in seinem Büro in Zürich auf dem Computer die
neuen Kandidaten. Klopapier, Känguru und ein schwitzender Smiley sind dabei, ebenso ein Kompass, ein Moskito und ein Teddybär. Und ein «deutsches» Puzzle-Teil. Mit seinem Team im Emoji-Ausschuss des Unicode-Konsortiums wird Davis bald etwa 70 Neuheiten freigeben.

Davis ist Mitgründer und Präsident von
Unicode. Diese gemeinnützige Organisation standardisiert die digitale Kommunikation. Ehrenamtlich – seine Brötchen verdient Davis bei Google Schweiz in Zürich. Emojis sind nur ein kleiner Teil der Unicode-Arbeit. Jedes Schriftzeichen aus allen Sprachen der Welt bekommt von Unicode einen einzigartigen digitalen Code, damit es weltweit in gleicher Weise abgebildet werden kann. Zu den Zeichen gehören seit ein paar Jahren auch die Emojis.

Millionen Menschen verwenden sie heute, um Texte zu verkürzen, um mit einem Klick Emotionen anzuzeigen. Eine Sektflasche signalisiert «Feiern», das Wort Deutschland wird durch die Fahne dargestellt, «ich lach mich tot» durch einen Smiley mit herunterlaufenden Tränen.

Es gibt klare Regeln bei der Auswahl. «Besteht die Aussicht, dass das vorgeschlagene Symbol viel verwendet wird?», sagt Davis. Das muss der Antragsteller stichhaltig belegen, zum Beispiel mit Auswertungen, wie oft der Ausdruck auf YouTube oder anderen Anwendungen vorkommt. Dann ist wichtig, dass es unter den mehr als 2600 schon existierenden Emojis nicht schon etwas Ähnliches gibt. Seit drei Jahren kann jeder Mensch bei Unicode Vorschläge für neue Emojis einreichen.

Wie Marius Spix (24), ein Softwareentwickler aus Köln. «Bei Textnachrichten ist es oft schwierig, die Gefühle des anderen herauszufinden», sagt er. «Emoji ermöglichen es, Gefühle auch in Schriftform auszudrücken.» Spix weiß, wovon er spricht. «Für mich als Asperger-Autist ist es oft eine Herausforderung, Ironie zu erkennen. Hier ist ein Zwinker-Emoji Gold wert. Manchmal sagt auch ein Emoji mehr aus als tausend Worte, zum Beispiel eine Kaffee-Tasse.»

Spix hat zwei neue Symbole vorgeschlagen, die Unicode aufnehmen will: einen Koffer und das schon erwähnte Puzzle-Teil. «Das Puzzle-Teil hat für mich mehrere Bedeutungen», sagt er. «Auf der einen Seite steht es für den Zusammenhalt, also einen Teil eines Ganzen. Auf der anderen Seite steht es auch für etwas Kniffliges, Kompliziertes.»

Davis kommuniziert auch mit Emojis. «Ich nutze vor allem solche, die Feierlaune verbreiten, wie Geburtstagskuchen, Feuerwerk und so etwas. Oder auch die, die Skepsis ausdrücken: besonders toll ist der mit der hochgezogener Augenbraue.» Der ist erst seit 2017 im Programm und stammt auch aus deutscher Feder: Maximilian Merz, Student in Aachen, erfand ihn und überzeugte das Unicode-Team.

Heute sind mehr als 2300 in Gebrauch. Darunter ist auch ein lachender Kothaufen, der schon in Japan existierte, bevor Unicode sich der
Emojis annahm und so wurde er automatisch in den Bestand aufgenommen. Es soll Glück symbolisieren. Davis verweist auf Studien, wonach heute mehr als die Hälfte von Milliarden von Botschaften täglich Emojis enthalten. Auf der Webseite emojitracker.com werden die beliebtesten in Echtzeit abgebildet. Der Smiley, der vor Tränen lacht, ist ganz oben. Auch das rote Herz spielt in der ersten Liga. Aber die Webseite berücksichtigt keine Emojis, die nach 2012 dazukamen, sagt Davis.

Angst, dass Emojis eines Tages Text verdrängen werden, hat Davis nicht: «Man nehme nur den ersten Satz eines Romans und versuche, ihn in Emojis darzustellen: Da sieht man sofort die Grenzen.»

Fotocredits: Arno Burgi
(dpa)

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