Spiele-Test: So schlägt sich «Sea of Thieves»

By on 27. März 2018

Berlin – Gischt peitscht ins wettergegerbte Gesicht des Piraten. Vor ihm das Meer in wilden Wellen, in der Ferne leuchten erste Lichter einer Hafenstadt. Dort will er die Beute aus der großen Schatzkiste endlich zu Geld machen.

Den Schatz zu heben, war nicht einfach: Durch einen schweren Sturm ging die Reise zur Schatzinsel, wo bewaffnete Skelette und giftige Schlangen auf ihn warteten. An der mit X markierten Stelle musste er mühevoll den Schatz ausgraben. Doch auf dem Heimweg warteten schon die Halunken – andere Piraten, die ihm ans Leder wollten. Nur mit Hilfe seiner drei finsteren Gesellen gelang die Flucht.

Diese und ähnliche Abenteuer können Spieler in «Sea of Thieves» erleben – einem Online-Multiplayer-Spiel des früher äußerst renommierten Entwicklers Rare. Zu Zeiten des Nintendo 64 brachte das Studio Hochkaräter wie «Banjo Kazooie» oder «Perfect Dark» heraus. Nach dem Kauf durch Microsoft im Jahr 2002 wurde es ruhiger um Rare. Mit «Sea of Thieves» will der Entwickler wieder zurück auf die Schatzkarte der Spieler kommen.

Das Konzept dahinter erinnert an eine Mischung aus den Spielen «Destiny», «Star Trek Bridge Crew» und «Assassin’s Creed: Black Flag». Zunächst suchen sich Spieler in einem Zufallsgenerator einen Piraten oder eine Piratin aus. Mit bis zu drei weiteren Spielern stechen sie dann in See, um ordentlich Beute zu machen. Los geht das in der Regel in der Kneipe eines Hafens auf einer karibischen Insel, in der sich auch die Mitspieler befinden. In den Nachbarhäuschen gibt es verschiedene Nicht-Spieler-Charaktere (NPC), von denen sich die Crew Aufträge holen kann. Im Hafen liegt das Schiff vor Anker.

Die Aufträge funktionieren anfangs nach dem Schema: Findet auf dieser Insel jenen Gegenstand und bringt ihn zurück. Das können Schatzkisten, Schädel getöteter Skelett-Kapitäne oder auch Tiere sein. Als Belohnung gibt es Goldstücke, die Spieler gegen kosmetische Gegenstände für ihren Piraten oder ihr Schiff tauschen können. Mit abgeschlossenen Aufträgen erhalten die Piraten außerdem Reputation bei den Händlern, die dann komplexere Aufgaben vergeben.

Eine ständige Gefahr sind andere Piraten. Denn die Welt, bestehend aus einem riesigen Meer und vielen kleinen Inseln, teilt sich die eigene Crew mit anderen Spielern. Diese können auch Aufträge erledigen – oder, ganz Piratencrew, andere Spieler überfallen.

Wichtig ist da die Zusammenarbeit innerhalb der Crew. Denn auf dem eigenen Schiff herrscht Arbeitsteilung: Das Steuer will gehalten, der Anker gelichtet, die Segel wollen gesetzt und ausgerichtet, die Kanonen geladen und Schäden am Rumpf repariert werden. Da ist es hilfreich, dass sich die Mannschaft per Headset untereinander verständigen und Aufgaben verteilen kann. Als Einzelspieler hat man beim Treffen mit einem gegnerischen Schiff kaum eine Chance.

In der Interaktion mit Freunden oder fremden Spielern hat das Spiel gleichzeitig auch seine Stärken: Zusammen auf einen Streifzug gehen, sich mit Grog betrinken oder gegenseitig aus den Kanonen des Schiffs feuern – die Abenteuer, die Spieler gemeinsam erleben und die durch die Dynamik der Gruppe bestimmt werden, sind Stoff für waschechtes Seemannsgarn.

Und das ist wichtig, denn Rare bietet für den vollen Preis von rund 60 Euro bisher recht wenige Inhalte. Die Aufträge unterscheiden sich nur gering voneinander, und auch der Umfang der kosmetischen Gegenstände lässt zu wünschen übrig. Zwar dauert es, bis man für 70 000 Gold ein neues Segel zusammen hat. Aber man würde sich wünschen, es gäbe mehr Möglichkeiten des Fortschritts – etwa mehr als zwei Schiffsmodelle mit unterschiedlichen Eigenschaften, längere Abenteuer oder verschiedene Bosskämpfe.

Denn selbst die ultimative Gefahr für das Schiff, der ungeheuerliche Kraken, wirkt nicht wirklich fertig und besteht nur aus einigen aus dem Wasser ragenden Tentakeln, die nicht einmal durch einen Körper verbunden sind. Immerhin: Die Entwickler haben angekündigt, dass das Spiel mit der Zeit wachsen soll.

Vielleicht lohnt es sich deshalb, erst einmal abzuwarten, bevor man in «Sea of Thieves» einsteigt. Denn mit der atemberaubenden Grafik, dem beispiellos animierten Meer und den tollen Möglichkeiten der Interaktion hat «Sea of Thieves» echtes Hit-Potential. Es fühlt sich nur leider schlicht unfertig an.

Service:

Sea of Thieves ist ab 12 Jahren freigegeben, kostet rund 60 Euro und ist für Xbox One und Windows-10-PC verfügbar.

Fotocredits: Microsoft Studios,Microsoft Studios,Microsoft Studios,Microsoft Studios,Microsoft Studios,Microsoft Studios,Microsoft Studios,Microsoft Studios
(dpa/tmn)

(dpa)

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