Wie Cheats die Videospiel-Welt vergiften

By on 18. April 2017

Köln – Reflexe wie Spiderman haben. Durch Wände blicken wie Superman. Unzerstörbar sein wie Wolverine. Cheats können selbst aus schlechten Videospielern gute machen. Klingt spaßig. Doch Cheats sind ein dickes Geschäft mit Millionenumsätzen – und echtes Gift für das Klima in der Spielewelt.

Dabei waren Cheats einst fast in jedem Spiel zu finden. Wer schon etwas länger zockt, erinnert sich vielleicht an den «Konami-Code», eine Tastenkombination, mit denen sich Spieler in mehreren Titeln des japanischen Entwicklers einen kleinen Vorteil verschaffen konnten.

Anders als heutige Cheats gehörten die kleinen Mogeleien aber zum Spiel, von den Entwicklern für faule oder experimentierfreudige Nutzer eingebaut, aber meist nur im Einzelspieler-Modus einsetzbar. Im Wettbewerb mit anderen Spielern war Schummeln verboten.

Das ist heute anders: Populäre Cheats und Hacks kommen von außen, also als Zusatzprogramm. Und das mit Abstand größte Angebot gibt es für populäre Multiplayer-Titel wie «Counterstrike». Für den Taktik-Shooter gibt es zum Beispiel Aimbots, die dem Spieler das Zielen abnehmen, oder Wallhacks, mit denen er Feinde durch Wände sieht. Für Taktikspiele wie «League of Legends» oder «DOTA 2» existieren Tools, die Aufgaben übernehmen oder die Karte aufdecken.

Klar, dass das bei anderen Spielern nicht gut ankommt. «Sobald es Cheater gibt, verlieren Spieler das Vertrauen in ein Spiel», sagt Marcel Menge, Anticheating-Experte beim E-Sport-Veranstalter ESLGaming. «Das kann so weit gehen, dass es das Klima einer ganzen Community vergiftet.»

Und: «Eine der Gefahren von Cheating ist, dass es zu mehr Cheating führt», erklärt Wissenschaftler
Jeremy Blackburn, Autor mehrerer Studien zu dem Thema. «Wenn ich Leute sehe, die cheaten, bin ich anfälliger dafür, es selbst zu probieren.»

Enttarnte Cheater werden zudem schnell Außenseiter in der Community. Warum probieren so viele es trotzdem? «Cheater gehen einfach nicht davon aus, dass sie erwischt werden», sagt Blackburn. «Und viele kommen tatsächlich auch davon damit, zumindest eine Zeit lang.»

Für vielen geht es beim Cheaten einfach um das gute Gefühl, anderen überlegen zu sein, so Blackburn. Hinzu kommt, dass es in Spielen inzwischen nicht mehr nur um Spaß geht – sondern teils auch um Geld. Weshalb Betrug nicht nur für die breite Masse an Gelegenheitsspielern ein Problem ist, sondern auch und vor allem für professionelle E-Sport-Turniere wie die von ESLGaming.

«Auf unseren beiden Plattformen haben wir im vergangenen Jahr 4200 Leute wegen Cheaten gesperrt», sagt Anticheat-Experte Menge. «Das liegt deutlich unter dem einstelligen Prozentbereich.» Dabei seien die Betrüger meistens gute Spieler, die auch ohne Cheats eine Chance hätten. «Da geht es wie beim Doping im Radsport eher darum, das letzte Quentchen herauszuholen.» Um das zu verhindern, verpflichtet ESLGaming seine Athleten bei Onlineturnieren zum Einsatz spezieller Anticheat-Software – eine Art Urinprobe für den PC.

Für Otto Normalspieler geht der Kampf gegen Cheats nicht ganz so weit: Hier sind es die Publisher der Spiele, die den Kampf gegen Cheats führen. Dazu kann Anticheat-Software wie EasyAntiCheat, VAC (Valve Anti-Cheat) oder Punkbuster in den Games integriert sein.

Cheatern kann grundsätzlich rechtlicher Ärger drohen: «Wer ein Spiel spielt, geht einen Nutzungsvertrag mit dem Anbieter des Spiels ein», erklärt Rechtsanwalt Konstantin Ewald. «Und in diesen Verträgen steht regelmäßig drin, dass man die Spiele nicht mit technischen Tools wie Cheats oder Bots nutzen darf.»

Wer dagegen verstößt, muss mit Strafen rechnen. «Da steht den Anbietern eine Reihe an Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung», erklärt Ewald, Experte für Spielerecht. Die populärste Variante dabei ist, den Spieler zu sperren – entweder nur für ein Spiel und auf Zeit, oder für eine ganze Plattform und für immer.

Fotocredits: Caroline Seidel
(dpa/tmn)

(dpa)

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